Interview mit Dieter Küsel und Stefan Kunde

Flugsimulatoren erleichterten und ermöglichten zahlreichen Modellfliegern erst den Einstieg in dieses Hobby. Zu den bekanntesten und weit verbreiteten Sims gehört der Reflex XTR der Firma simWerk. FlugModell sprach mit den beiden Machern hinter den Kulissen, Dieter Küsel und Stefan Kunde, darüber, wie alles begann und wie die neuen 3D-Funktionen den Horizont von Simulatoren erweitern. FlugModell: Wie kamen Sie auf die Idee, selbst einen Simulator zu entwickeln? Stefan Kunde: Die Entwicklung des Simulators hat ungefähr 1993 begonnen. Die Idee hatte ich schon als Schüler, weil ich damals ein ganz miserabler Modellflieger war. Ich wollte unbedingt einen Simulator haben, weil meine Modelle ziemlich oft abgestürzt waren. Meine Programmier­kennt­nisse waren damals schon sehr gut und so überlegte ich, eine Software zu entwickeln, mit der man Modellfliegen trainieren kann. Aber als Schüler hatte ich dann doch keine Zeit dazu. Erst gegen Ende des Studiums kam die Idee wieder hoch, nämlich als Diplomarbeit ein Simulator-Programm zu schreiben. FlugModell: Konnte man damit bereits am PC fliegen? Stefan Kunde: Das war ein ganz einfaches Programm mit Strichgrafik. Denn die grafischen Möglichkeiten des PCs waren damals nicht so weit entwickelt. Trotzdem ­ließen sich mit dem Programm die grundlegenden Steuer­reflexe, zum Beispiel die eines Hubschraubers, erlernen. Nach Beendigung des Studiums hatte ich die Software auf einen marktfähigen Stand gebracht, sodass sie im deutschen Fachhandel verkauft werden konnte. Das war etwa 1994/95. Das Programm heißt seitdem Reflex und meine Firma Stefan Kunde Modellflugsimulation. FlugModell: Haben Sie sich beide während ihrer Studienzeit kennen gelernt? Dieter Küsel: Nein, das war erst viel später. Wir haben auch zwei getrennte Firmen. Herr Kunde beschäftigt sich mit der Entwicklung des Simulators und ich bin für den weltweiten Vertrieb zuständig. Stefan Kunde: Richtig kennen gelernt haben wir beide uns eigentlich erst etwa 2004. Dieter Küsel: Ich war in den 1990er-Jahren bei Kyosho angestellt und für den Vertrieb des Produkts zuständig. 2004 habe ich mich selbstständig gemacht. Doch zusammen arbeiten wir beide erst seit Mitte 2008. Über meine Firma simWerk erfolgt der Vertrieb und da arbeite ich mit einigen Distributoren zusammen, zum Beispiel auch Kyosho Deutschland. FlugModell: Funktionierte der Reflex 1995 bereits mit einer ganz normalen Fernsteuerung? Stefan Kunde: Ja, das war von Anfang an das Konzept, dass man genau das Steuergefühl wie beim richtigen Modellflug auch beim Simulator haben sollte. Mit zunehmender Rechenleistung der PCs wurde das Produkt verbessert und weiter entwickelt. Man konnte immer ausgefeiltere Grafiken erstellen. Ein großer Schritt war dann, von DOS auf die Windows-Version überzugehen. FlugModell: Haben Sie das alles alleine bewältigt? Stefan Kunde: Ich hatte teilweise Mitarbeiter, die mich unterstützt haben. Weniger bei der Programmierung, sondern bei der Erstellung der 3D-Modelle und -Szenerien. FlugModell: Sind die Szenerien oder Modelle aufwändiger zu erstellen? Stefan Kunde: Das Schwierigste ist sicher die Program­mierung der Simulationssoftware. Sie erfordert am meisten Knowhow. Das Produkt fehlerfrei oder annähernd fehlerfrei zu bekommen und die Zuverlässigkeit der Software be­­deutet ebenfalls einen sehr hohen, von vielen auch unterschätzter Aufwand. Dieter Küsel: Das Erstellen der 3D-Modelle und 3D-Sze­nerien erfordert wiederum viel Zeit. Hier alle Details eines Modells in der Simulation umzusetzen, zum Beispiel die Rotorkopfmechanik eines Helis bis zu den Gestängen, ist sehr zeitaufwändig. An einem Modell sitzt eine Person schon mal vier bis sechs Wochen. Bei den Szenerien sieht es kaum anders aus. Stefan Kunde: Oftmals denke ich: Das geht eigentlich gar nicht, was wir da machen. Wenn man mit einer Szenerie anfängt kommt oft der Gedanke auf: oh man, was habe ich mir da jetzt wieder vorgenommen. FlugModell: Worin liegt die Herausforderung beim Erstellen der Szenerie? Stefan Kunde: Wir benutzen Panoramafotos als Grundlage für die Szenerie. Dieses Panorama muss mit 3D-Daten angereichert werden, zum Beispiel Bäume oder Zäune. Diese Informationen ergeben sich nicht aus dem eindimensionalen Foto, sondern müssen dreidimensional hinzugefügt werden. Dazu nehmen wir einen Baum aus verschiedenen Standpunkten auf und können die 3D- Daten generieren. Das ist ein manueller Prozess, der im Einzelfall sehr schwierig ist. Dieter Küsel: Für Hindernisse sind so genannte Masken zu entwickeln. Hier ist darauf zu achten, wo das Hinder­nis transparent oder halbtransparent ist. Denkt man beispielsweise an ein Fangnetz auf dem Modellflugplatz wird sicher nachvollziehbar, wie viel Arbeit beim Erstellen der Maske anfällt. Für die Maske ist jede einzelne Schnur nachzustellen. Das kostet enorm viel Zeit. FlugModell: Wie nah dran ist die Simulation an der Realität? Stefan Kunde: Es wird sicher immer einen Unterschied zwischen Simulation und Realität geben. Alleine schon deswegen, weil ich in der Realität viel mehr Angst um mein Modell habe – wir haben es leider noch nicht geschafft, das im Simulator einzubringen (beide lachen). Dieter Küsel: Der Punkt ist auch gar nicht, alleine die Realität nachzubilden, sondern ein Trainingswerkzeug zu haben. Was das Flugverhalten betrifft, denke ich, dass wir da sehr nahe an der Realität dran sind. Das bestä­tigen uns auch immer wieder erstklassige, Wettkampf-erfahrene Modellpiloten. Stefan Kunde: Uns ging es auch darum, die Feinheiten umzusetzen, die zunächst gar nicht so auffallen, beispielsweise eine realistische Abgasfahne. FlugModell: Was kann man vom Sim der Zu­kunft erwarten? Stefan Kunde: Einen ganz großen Schritt nach vorne gemacht haben wir mit der 3D-Technik und dem Headtracking. Man nennt das Immersion, also das Eintauchen in die virtuelle Welt. Dadurch, dass man jetzt ein räumliches Bild bekommt, lässt sich beispielsweise bei der Teilnahme an einem Flugtreffen viel besser die Position der anderen Teilnehmer und deren Modelle erkennen. Dieter Küsel: Wenn das Flugmodell bei 3D förmlich aus dem Bild herausfliegt oder die Rotoren dicht an einem vorbei rauschen, weil sie aus dem Bildschirm ­herausragen, dann erzeugt das schon ein nachhaltig beeindruckendes Fluggefühl. Stefan Kunde: Wir hoffen, dass es bald erschwingliche HMDs (Head Mounted Display) gibt. Das sind so genannte Datenhelme, wo man zwei Bildschirme vor den Augen hat und mit denen man dem Modell wirklich hinterher gucken kann. Das wäre nochmal ein Schritt weiter. Wir beobachten den Markt in diesem Segment sehr genau, aber leider sind die Datenhelme noch unerschwinglich; jenseits von 100.000,– Euro. Irgendwann werden aber auch diese Preise purzeln und die HMDs ähnlich wie jetzt 3D-Fernseher erschwinglich sein. Das wird die Fähigkeiten von Simulationen nochmals steigern. Kontakt simWerk Dieter Küsel Kuhlenstrasse 9-11 25436 Uetersen Telefon: 041 22/460 58 54 Fax: 041 22/460 58 56 Internet: www.simwerk.de E-Mail: info@simwerk.de