Focke Wulf 190 A8 von Fokke RC/Engel – Teil 1
Pandemie-bedingt ergab sich in den letzten Monaten viel Zeit fürs Bauen von Flugmodellen. Schwierig bis zuweilen unmöglich gestaltete sich das Einfliegen. Bei FlugModell-Autor Jürgen Rosenberger sorgte eine langanhaltende Platzsperre dafür, dass seine Focke Wulf 190 A8 von Fokke RC/Engel bis Redaktionsschluss auf eine Startfreigabe wartete. Wir nutzen die Gelegenheit und stellen schon einmal das Ergebnis aus der Bauphase vor.
Eigentlich steht sie schon seit frühester Jugend auf meiner Wunschliste, die Focke Wulf 190. Nur hat es irgendwie nie geklappt und so sehe ich auf meine alten Tage, jawohl, ich bin Internet-Surfer, eine Anzeige der Firma Engel, die eine FW-190 als Holzskelett ablichtet. Ich bin elektrisiert. Weitere Recherchen ergeben, der Lieferant ist eine Firma namens Fokke RC aus Bulgarien. Ein Blick auf deren Homepage zeigt, dort hat man die Fertigung von Holzbausätzen in „fast“ alter Manier wieder entdeckt und bietet ein großes Sortiment von Zweite-Weltkriegs-Veteranen an: Me-109, FW-190, Spitfire, MiG und weiter. Interessanterweise werden identische Modelltypen in verschiedenen Maßstäben von 1:5, 1:4, 1:3 sogar bis, oh Schreck, lass nach, 1:2 geliefert. Herr Engel vermittelt den Kontakt zu Rumen Chakarov, dem Chef von Fokke RC und sechs Wochen später trifft ein Modell-Kit der Focke Wulf 190 A8 im Maßstab 1:5 bei mir ein.
Ein Überblick
Der Bausatz umfasst einen 1:1-Bauplan, Rippen, Spanten, Motor- und Kabinenhaube, es fehlen Leisten, Beplankungsmaterial und jegliches Zubehör wie Anlenkungen, Räder und anderes. Dies halte ich insofern für erwähnenswert, als ein Verkaufspreis von 421,81 Euro keine Schenkung ist. Die genauere Sichtung des Inhalts zeigt: Laser-geschnittenes Material aus Pappelsperrholz, Klarsicht-Kabinen-Fenster, Motor- und Abdeckungshaube aus GFK. Bauhinweise beziehungsweise eine schriftliche Anleitung liegt nicht bei, aber die findet man als Kunde auf der reich bebilderten Homepage von Fokke RC (www.fokkerc.com). Positiv zu vermerken ist, dass Rumen Chakarov Anfragen über E-Mail faktisch im Minutentakt beantwortet, was sich im Bauverlauf als sehr positiv erweisen soll.
Rumpfbau
Im ersten Bauabschnitt doppeln wir Laser-geschnittene Seitenteile. Diese umschließen in der Folge den Kabinenraum. Danach verbinden wir die Seitenteile vorne und hinten jeweils über einen Spant miteinander. Die runde Kontur des Rumpfs entsteht durch seitlich im Nut- und Federprinzip aufzusteckende Halbspanten.
Der nächste Bauschritt ist mit Sorgfalt zu planen, denn es geht um das anzufügende Heckteil. Beidseits sowie oben und unten platziert man jeweils einen vorgelaserten, mit Nuten versehenen Stringer aus Pappelsperrholz und steckt die Spanten Stück für Stück ein. Alle Spanten – sie sind mit Füßchen versehen – habe ich zuvor mittig angezeichnet, über einer geraden Linie auf dem Baubrett ausgerichtet und fixiert. Beim Einziehen der Kiefernleisten bemerke ich ein erstes Manko, die Einschnitte für die Stringer sind nachzufeilen. Mir kommt ein Verdacht: Hat der Konstrukteur die Konstruktionsplanung vielleicht in einem anderen Maßstab begonnen, zum Beispiel 1:4, und sind die Pläne für andere Größen als meine Focke Wulf (1:5) via Computerprogramm umgerechnet worden, was zu Fehlern in den Passungen führt? Die hier angesprochene Ungenauigkeit bezieht sich zugegebenermaßen nur auf die Leisteneinschnitte, bei den Steckungen der Sperrholzteile zueinander ist die Passgenauigkeit nicht zu beanstanden.
Nicht aufgepasst
Es entsteht in angemessen kurzer Zeit, die Bilder zeigen es, ein stabiles Rumpfgerüst aus gefrästen Spanten und Deckplatten, das über Leisten stabilisiert wird. So nehme ich den Rumpf nach dem vollständigen Austrocknen des Klebers von der Helling und überprüfe in selbstgefälliger Erwartung die Längsachse mit dem Laser. Teufel auch, der Rumpf ist in Längsrichtung verzogen! Unter unflätigem Fluchen – Else, mein Goldstück, schlägt Kreuze gen Himmel – greife ich mit fast gelähmten Händen zur Säge und durchtrenne einseitig die Stringer. So ist das halt, wenn man vorher nicht aufpasst.
Opa, der alte Landmesser, lehrte es mich, was folgt. Ich zeichne oberseitig vorne, in Rumpfmitte und hinten die Mittellinie ein, richte den Rumpfkörper anhand des Laserstrahls aus und verklebe die Leisten mit untergelegtem Holz. Schlussendlich ist alles gut und das Rumpfgerüst gerade – hätte man auch gleich haben können.
Der nächste Arbeitsgang besteht in der Beplankung des Rumpfs mit 2,5-mm-Balsaholz, das ebenso wie die Leisten zuzukaufen ist. Die Beplankung gestaltet sich dank der Rundungen durchaus anspruchsvoll. Hinzu kommt, dass ich mich später angesichts der hohen Vulnerabilität der Bala-Außenhaut zähneknirschend entschließe, Rumpf, Flügel und Leitwerke mit 49-g/m2-Matte zu überziehen.
Vorne und hinten
Die mitgelieferte Motorhaube besteht aus GFK in – nennen wir es – rustikaler Fertigung, was sich aber in der späteren Performance nicht negativ auswirkt.
Ein von Perfektionisten geliebtes Weathering ist hier gefühlt schon vorweggenommen. Prinzipiell erfüllt sie ihren Zweck und passt.
Die Dämpfungsfläche des Höhenleitwerks wird hinten fest eingeklebt. Die Ruderansteuerung erfolgt mit Ausnahme des Seitenruders auf allen Positionen durch vor Ort platzierte Servos.
Als Treibling habe ich gerade auf einer Börse einen DLA 56 erworben. Er wird über Stelzen am Motordom, der mit 160-g/m2-Matten verstärkt ist, verschraubt. Der 1:1-Bauplan bildet einen geraden Motoreinbau (Winkelmaße 0°/0°) ab.
Rumen Chakarov äußert sich per Anfrage nicht zu dem Thema, also wähle ich die üblichen 2,5° nach unten und 2° nach rechts, alles weitere wird die Flugerprobung erbringen.
Flügel
Wenden wir uns dem Tragflächenbau zu. Die Rippen bestehen durchgehend aus 3-mm-Sperrholz – das ist massiv, lässt aber auch einen deutlichen Gewichtszuwachs erwarten. Wir werden es später sehen. Die einzelnen Rippen werden mit Füßchen voran auf dem auf der Helling liegenden Plan aufgesetzt, bei guter Passform der Nuten erfolgt die Verkastung der Reihe nach über Kiefernleisten und Kammholm.
Die Einschnitte für die Einbringung des Rohrsteckungssystemes – letzteres ist im Bausatz nicht enthalten – sind passgenau, eine Nachbearbeitung entfällt. Eine gut gemeinte Serviceleistung ist, dass Rumen Chakarov die Rippen mit aufgelaserten Zeichnungen von Nietenund Flügelinlets hat überziehen lassen – ob das aus alten Unterlagen übernommen wurde? Leider verschwinden diese Details später weitestgehend unter der Beplankung. Denn die besteht am Ende aus 2,5-mm-Balsa.
Im folgenden Bauabschnitt stehen Querruder und Landeklappen auf der Agenda. Die vier Klappen werden aus jeweils zwei vorgefrästen Rohlingen zusammengeklebt und über einer Leiste stabilisiert. Diese an sich begrüßenswerte Robustheit wird aber leider erneut über Gewichtszuwachs erkauft. Dafür imitiert die Implementierung der Landespreizklappen wie auch der Querruder das Original weitestgehend. Beide sind jeweils spaltfrei angelegt und über Balsablöcke sowie Einschnitte in den Ruderflächen zu montieren.
Kabinenhaube
Ohne Frage, die Kabinenhaube ist das Wiedererkennungsmerkmal der Focke Wulf 190. Misslingt dieses Bauteil, kann man jegliche Form der Präsentation vergessen. Hersteller Fokke RC sieht einen Aufbau aus 3-mm-Buchensperrholzrähmchen vor, die dann irgendwie zu verglasen sind.
Natürlich soll sich die Kanzel bei meiner FW-190 auf- und zuschieben lassen, schließlich bauen wir ein Scale-Modell. Nur wie? Einen Elektromotor zum Öffnen und Schließen, wie Modellbaukollege Bruno vorschlägt, verbaue ich nicht. Die Verklebung der einzelnen Holzrähmchen ergibt kein dafür stabiles Gerüst – einmal falsch angefasst, schon ist alles zerbrochen. Kollege Klaus kommt mir zur Hilfe. Wir schneiden aus der Klarsichthaube die Frontscheiben zusammenhängend heraus, legen sie über den Kabinenrahmen und fertigen aus 2-mm-Alu entsprechend passende Leisten, die dann mit feinsten Schrauben auf dem Holz befestigt werden. Der hintere, schiebbare Haubenteil besteht aus einer Sperrholzgrundplatte, einem aus Balsaleisten geformten hinteren Kugelfang, der großen Klarsichthaube und einer rundum verschraubten Alu-Leiste. Den Schiebemechanismus konzipieren wir als mittige Holzschiene unter der Haubenplatte, die in einer Rinne der Flugzeugzelle gleitet. Ein Querdübel in der Schiene, unterhalb der Auflageplatte im Inneren des Modells eingeschoben, verhindert das ungewollte Abheben der Kanzel im Flugbetrieb.
Fahrwerk
Eine weitere Herausforderung stellt die Auslegung des Einziehfahrwerks dar. Im fliegerischen Modellalltag wird die Focke Wulf 190 gegenüber der Me-109 den Vorteil haben, über ein breit gesetztes Fahrwerk mit langen Fahrwerksbeinen zu verfügen. Lange Stelzen verursachen aber beim Landen an der Flügelbasis hohe Torsionskräfte. Von Bummslandungen reden wir nicht, schließlich sind wir begnadete Piloten – über den Rest herrscht einvernehmliches Schweigen!
Nächste Frage – welche Dämpfung steht zur Wahl? Bei einer Ju-87 hatte ich schlechte Erfahrungen mit Stahlfederdämpfern gemacht. Jede Landung geriet hier zum schlecht kontrollierbaren „Springbock-Event“! Bei Wolfgang Lienings Modellbaustudio lasse ich mir nach Maß Gasdruckdämpfer fertigen – verbunden mit der Hoffnung unkomplizierter Bilderbuchlandungen.
Dritter Punkt: Der Fahrwerksantrieb. Fokke RC empfiehlt eine bestimmte Druckluftanlage amerikanischer Provenienz. Das ist mir erstens zu kostspielig und zweitens schwer zu bekommen – außerdem lese ich im Internet einen deftigen Verriss über das Produkt. Mein erster Versuch mit einem elektrischen Billigheimer ist eine Pleite. Liening empfiehlt mir hingegen ein Electron-Fahrwerk. Das ist nicht ganz billig, aber problemlos in der Anwendung und vor allem funktionstüchtig. Das Spornrad kreiert mir Modellbaufreund Udo, er ist ein kompromissloser Scale-Fan.
Bis hierhin
Bei der Farbgebung erhält die FW-190 unten die übliche himmelblaue und oben eine grünbraune Tarnlackierung. Hierbei habe ich mich ganz bewusst – um jeglicher Verherrlichung zu entgehen – nicht auf ein spezielles Jagd-Geschwader bezogen. Hoheitszeichen plottet ein Club-Kollege. Als besonderes Bonbon lackiert mir Düsen-Andy den Spinner als schwarzgelbe Schnecke.
Da steht sie nun also, die FW-190 A8 von Fokke RC, und wartet auf ihre Flugerprobung! Der Termin muss Pandemie-bedingt immer wieder verschoben werden, denn der Modellflugplatz ist gesperrt – da erst Winter und dann Frühjahr ohnehin zu wünschen übrig lassen, hält sich der Groll darüber in Grenzen. Zu einem vorläufigen Fazit kann ich aber schon kommen.
Der Bausatz von Fokke RC spricht Modellbauer an, die Herausforderungen suchen, gerne grübelnd in der Werkstatt schaffen und sich daran erfreuen, wenn Stunde für Stunde, Schritt für Schritt ein Unikat entsteht. Laser-geschnittene Rippen und Spanten ersparen das Durchpausen vom Plan und dem Aussägen eigener Bauteile. So gesehen passt das. Dennoch bleibt der Bausatz eine Herausforderung für Holzwürmer. Dabei entsteht kein Leichtgewicht, aber ob das ein Nachteil sein muss, wird sich bald zeigen – warten wir die Flugerprobung ab. Darüber und über weitere Details zum Bau berichte ich dann in einer kommenden Ausgabe von FlugModell.
Focke Wulf 190 von Fokke RC/Engel
Preis: 421,81 Euro
Bezug: Direkt
Internet: www.engelmt.de
Spannweite: 2.100 mm
Länge: 1.800 mm
Gewicht: 11,3 kg
Motor: DLA 55
Akkuweiche: Emcotec DPSI RV
Fahrwerk: Electron
Testmuster-Bezug:
Testmodell: Hersteller
Zubehör: Autor