Groß dimensioniertes Flugboot im Eigenbau
Seit der Konstruktion meines ersten Flugboots aus EPP, lässt mich dieses Material nicht mehr los. Schließlich sind alle bisher entstandenen Modelle im Handling sehr unkompliziert, extrem robust, unsinkbar, schnell gebaut, gut in Kleinserien herstellbar, dabei günstig und – wie ich meine – trotz der Einfachheit ihrer Formen recht hübsch anzuschauen. Schon oft wurde ich gefragt, ob ich das eine oder andere Modell nicht auch in doppelter Größe bauen könne?
Warum eigentlich nicht, es müssen ja nicht immer die bei EPP-Flugzeugen sehr häufig anzutreffenden Spannweiten zwischen zirka 800 und 1.200 Millimeter (mm) sein, oder? Da ich mich derzeit ganz dem Wasserflug verschrieben habe und die dortigen spezifischen Anforderungen kaum allgemein bekannt sind, beschreibe ich in diesem Bericht die Konstruktion meiner redaq 2m, ein zweimotoriges Flugboot mit einer Spannweite von etwas mehr als 2.000 mm und einer beachtlichen Flügelfläche von 85 Quadratdezimeter.
Trockene Theorie fürs nasse Element
Weil sie sich bei den bisherigen Flugbooten bewährt hat, kam nur eine Bauweise aus bunt eingefärbtem, massivem EPP mit kleinstmöglichen Einbauöffnungen in Frage. Das Material hat ein Raumgewicht von zirka 25 Gramm pro Kubikdezimeter und schwimmt deshalb sehr gut.
Wird das EPP nass – und das soll bei einem Flugboot ja durchaus vorkommen – dann kann das Wasser aufgrund der rauen und damit großen Oberfläche nicht vollständig abfließen. Bereits nach kurzer Zeit führt diese Benetzung zu einer spürbaren Gewichtszunahme und in der Folge auch meist zu einer Verschiebung des Schwerpunkts, die bei kleineren Modellen bis zu 30 mm betragen kann. Deshalb stellt sich die Frage nach der Relevanz dieses Effekts bei größeren Modellen.
Bei Vergrößerung der Abmessungen, zum Beispiel um den Faktor 2, vergrößert sich die Modelloberfläche um den Faktor 22 = 4, das Modellvolumen und damit das Gewicht des Rohmaterials jedoch um den Faktor 23 = 8. Da die auf der Modelloberfläche haftende Wasserschicht immer gleich dick ist, steigtsie nur proportional. Der anhaftende Wasserfilm vervierfacht sich also in diesem Beispiel. Da sich das Rohmaterialgewicht aber verachtfacht, halbiert sich im Endeffekt die Gewichtszunahme durch Oberflächennässe bei doppelt so großem Modell, das heißt der Einfluss des Wassers wird geringer.
Aus dem Vollen
Bei der von mir gewählten Vollschaumbauweise wird die Gewichtsverteilung sehr stark von der Geometrie des Modells bestimmt. „Vorne fest, hinten aber leicht bauen“, wie dies im klassischen Modellbau üblich ist, lässt sich nur sehr eingeschränkt umsetzen. Es ist somit besonders wichtig, dass große Leitwerke keinen zu langen Hebelarmen ausgesetzt werden. Zudem sollte der Rumpf im hinteren Bereich nicht unnötig voluminös sein.
Natürlich sind auch die Größenbeschränkungen der zu schneidenden Einzelteile zu beachten. Meine CNC-gesteuerte Schneide-Anlage hat einen maximalen Verfahrweg von 745 mm. Das reicht nicht aus, um einen langen Rumpf komplett auszuschneiden. Hier gibt es mehrere Alternativen:
1. Rümpfe und Flächen teilbar machen. Die vorgesehene Bauweise aus massivem EPP-Schaum bietet den Vorteil, dass Steckungen und Nahtstellen nicht abgedichtet werden müssen. Schließlich kann hier kein Wasser eindringen. Den Tragflügel habe ich aus drei Einzelteilen zusammengesetzt.
2. Beim Rumpf habe ich mich dafür entschieden, zunächst das Vorderteil so weit zu schneiden, wie es die Maschine zulässt. Dann ist der Rumpfblock zu verschieben und ein zweiter Schnitt anzusetzen. Wenn hier nicht sehr genau gearbeitet wird, entsteht ein Versatz zwischen den beiden Schnitten. Dafür entfällt aber das sonst notwendige Zusammenkleben von Vorder- und Hinterteil.
3. Die maximale Größe von Einzelteilen wird natürlich auch durch die erhältlichen Schaumblöcke begrenzt. Die Firma HeiTec bietet buntes EPP in der maximalen Blockgröße von 1.200 × 800 × 120 mm an. Rümpfe, die länger als 1.200 oder breiter als 110 mm sind, müssen somit mehrteilig aufgebaut werden. Dabei entstehen große Klebeflächen, sodass sich die Anschaffung von größeren Uhu Por-Gebinden lohnt. Eine 500-Gramm-Dose kostet im Baumarkt zirka 15,– Euro.
Große EPP-Modelle in Massivbauweise sind natürlich unsinkbar. Auch die Problematik der trockenen Unterbringung der Fernsteuerkomponenten ist wesentlich einfacher zu lösen, als bei kleineren Modellen. In mittlerer Höhenlage eingebaut, sind die Komponenten auch dann gegen Wasser geschützt, wenn das Flugzeug einmal auf dem Rücken treiben sollte. Mit diesem Fall muss man bei einem Wasserflugzeug immer rechnen, auch wenn mir das bei einem Großmodell bislang noch nicht passiert ist.
Schneidetechnik
Damit beim bunten EPP die Farben leuchten, muss das weiche Poreninnere bis auf den Porenrand wegschmelzen. Hierzu ist deutlich mehr Hitze erforderlich als beim Schneiden von weißem EPP. Schneidet man konventionell von Hand, führt dieser heiße Schnitt zu stark ungleichmäßigem Abbrand mit Riefen. Nur eine maschinelle Steuerung erreicht die erforderliche, absolut gleichmäßige Bewegung des Schneidbogens. Brauchbare Ergebnisse beim Handschnitt bekommt man, wenn so kühl als möglich geschnitten und die Oberfläche anschließend mit einem heißen Bügeleisen nachgeschmolzen wird. Dabei aber bitte nicht vergessen, Backpapier als Trennmittel zwischen Bügeleisen und EPP zu legen. Es ist aber schwierig, größere Flächen mit dieser Methode gleichmäßig hinzubekommen.
Mittels einfacher Kartonschablonen und u-förmig gebogenen Drahtwerkzeugen können Vertiefungen, zum Beispiel für Fenster, in die EPP-Oberfläche geschnitten werden. Ich verwende hierzu einen 0,5 mm dicken Konstantandraht, der mittels Lüsterklemmenleiste an das regelbare Netzteil angeschlossen wird. Diese dient gleichermaßen als Handgriff und Tiefenanschlag. Der Draht bietet ausreichend Stabilität für kleinere Formschnitte bei moderatem Heizstrom von 4 Ampere. In diese „Fenstervertiefungen“ wird eine EPP-Verglasung eingedrückt oder -geklebt. Die ist schnell hergestellt und optisch wesentlich wirkungsvoller, als aufgeklebte oder gar gemalte Fenster.
Gut geplant, schnell gebaut
Die hier beschriebene Bauweise eignet sich nicht für Leute, die den Winter im Bastelkeller verbringen wollen. Meine redaq 2m besteht aus nur wenigen Schaumteilen: Rumpf-Innenteil mit Aussparungen für die RC-Einheit, formgebende Rumpfaußenteile, dreiteiliger Flügel (Querruderscharniere angeschnitten), Höhen- und Seitenleitwerk mit bereits angeschnittenen Ruderscharnieren, Motorgondeln, Stützschwimmer und ein paar Dekorteile. Die einzigen Sperrholzteile sind die Motorspanten, die auf die Stirnseite der Gondeln geklebt werden. Hat man die wenigen Bauteile ausgeschnitten, geht der Bau sehr schnell voran. Die Teile werden im Kontakt-Klebeverfahren miteinander verbunden und bereits nach wenigen Baustunden sieht das Flugzeug fast fertig aus.
Kabel können einfach in kleine Einschnitte im EPP gedrückt werden. Dem bunten EPP sei Dank, bedarf es anschließend weder irgendwelcher Abdichtungs- oder Oberflächen-Versiegelungsmaßnahmen noch eines aufwändigen Finishs. Ein wenig Dekor aus dünn geschnittenem EPP und bei Bedarf noch ein paar einfach herzustellende Details wie Motor- und Auspuffattrappen oder Scheibenwischer steigern die Optik sehr deutlich. Das Zusatzgewicht für solche Aufhübschungen spielt keine Rolle.
Klappbare Schwimmer
Von Anfang an war geplant, das Flugboot mit hochklappbaren Schwimmern auszurüsten, da einerseits eine gerade und stabile Ruhelage auf dem Wasser angestrebt wurde, andererseits aber auch möglichst große Schräglagen beim Fahren auf der Stufe möglich sein sollten. Die Größe der Schwimmer habe ich an die Flächentiefe angepasst. Das Resultat hat mich dann doch etwas überrascht: sie sind einfach riesig geworden.
Im Normalfall wird eine Standard-Fahrwerksmechanik aus Richtung der Rumpflängsachse angesteuert, das Fahrwerksbein bewegt sich dabei ebenfalls in diese Richtung. Im vorliegenden Fall wurde eine entgegengesetzte Richtung zum Hochklappen der Schwimmer an den äußeren Flügelrand benötigt. Hierzu wurde das kleine Kunststoff-Fahrwerk aufgeschraubt und die Anlenkung auf die andere Seite hin verlegt. Der Einbau von Fahrwerksmechanik, hinterem Schwimmerlager und der Anbau des Schwimmers an die beiden Drähte sind EPP-typisch wieder ganz einfach: Öffnung ins EPP, einkleben, fertig. Auch hier muss natürlich nichts abgedichtet werden, wie das zum Beispiel bei Rippenflügeln der Fall wäre.
Die 18-Gramm-Metallgetriebeservos kommen in Verbindung mit der kleinen Kunststoffmechanik und dem Gewicht der Schwimmer gerade so klar. Etwas kleinere und leichtere Schwimmer würden ihren Zweck sicherlich genauso gut erfüllen, die Arbeit des Einziehfahrwerks aber erleichtern und wohl auch etwas eleganter aussehen. Aber diesen Schritt hebe ich mir für einen späteren Zeitpunkt auf.
Und Action
Der nur 1.450 mm lange Rumpf passt problemlos auch in einen kleineren Kombi. Mit hochgeklappten Schwimmern benötigen die Flügel kaum zusätzlichen Platz. Auch der Holm aus Aluminium passt mit seiner Länge von 1.700 mm in irgendeine Lücke im Auto. Am Weiher angekommen, ist die redaq 2m dann auch schnell zusammengesteckt und einsatzbereit.
Ein Flugboot gehört aufs Wasser und in die Luft, das ist schließlich Sinn der ganzen Übung. Und hier gab es von Anfang an fast nur eitel Sonnenschein. Fast, weil die eigentlich ausreichend dimensionierten Steller bei den ersten Flügen sehr heiß wurden. Die anfallende Verlustleistung hatte im eng ausgeschnittenen Rumpf für einen Hitzestau gesorgt. Dies scheint eines der wenigen Probleme größerer EPP-Konstruktionen mit massivem Rumpf zu sein. Für Abhilfe sorgten etwas kleinere Propeller und eine große Lufthutze mit Führung der Kühlluft direkt zu den Stellern. Die Luft kann über das Entwässerungsloch in der Stufe austreten. Seither sind die thermischen Wärmeverhältnisse im Rumpf stabil.
Eigentlich ist es unnötig, über die Wasser- und Flugeigenschaften allzu viele Worte zu verlieren. Große Modelle fliegen ruhiger als kleine und auch auf dem Wasser ist das Handling ein Genuss. Da beide Stützschwimmer Wasserkontakt haben, schwimmt die redaq 2m absolut gerade und ist in beide Richtungen gut lenkbar. Aber auch mit hochgeklappten Schwimmern stellen Starts kein Problem dar. Beim Fahren auf der Stufe und Touch-and-go-Manövern lässt sich die große Bodenfreiheit zwischen Flügel und Wasseroberfläche hervorragend nutzen. Es ist die reine Freude, das Modell mittels Seitenruder auf der Stufe zu lenken. Wird der Platz für eine Kurve einmal eng und man steuert auf das Ufer zu, so kann mit dem Querruder die Schräglage so vergrößert werden, dass der hochgeklappte Stützschwimmer leicht ins Wasser eintaucht. Das bremst die kurveninnere Seite stark ab und die redaq 2m driftet förmlich um die Flügelspitze, ohne jegliche Gefahr des Einhakens eines Schwimmers. Dabei schieben die 3.000 Gramm Lebendgewicht das Modell sehr souverän durch beziehungsweise über das Wasser, ohne die Gefahr eines Überschlags. Unbeschwertes Turnen auf der Wasseroberfläche ist die ganz große Stärke dieses Entwurfs.
Es würde mich freuen, wenn die Fotos ein wenig von der traumhaften Stimmung und Faszination des Wasserfliegens widerspiegeln.
>> zum Video redaq2 m