Bird of Prey – Kavans Speed-Segler
Bird of Prey – der Raubvogel – ist nun wirklich ein ungewöhnlicher Name für ein Flugmodell. Einen Bird of Prey gab es auch im Star-Trek-Universum, denn so nannte sich das Kampf-Raumschiff der Klingonen. Ob es nun wirklich die Star-Trek-Saga war, die Kavan den Anstoß zur Konstruktion eines solch außergewöhnlichen Seglers gab? Oder war es vielleicht die Form eines Experimentalflugzeugs aus dem Hause Boeing, deren Entwicklung Mitte der 90er begann und tatsächlich etliche Testflüge absolvierte? Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die raubvogelähnliche Flugeigenschaften des Modells den Konstrukteur und Namensgeber auf einen solchen Titel brachten. Ruhiges Thermikkreisen, blitzschnelle Geschwindigkeiten und wendiger Kunstflug, so kann man die Eigenschaften des Bird of Prey von Kavan vorweg beschreiben.So ungewöhnlich wie der Name, ist auch der verwendete Antrieb. Ein Segelflugmodell mit Impeller im Bereich des Seitenleitwerks. Das viel Konstruktions-Know-how erfordern und das Ganze gut erprobt sein möchte, versteht sich von selbst. Neugierig macht es auf jeden Fall. Der Baukasten verspricht auf Anhieb Qualität, aber auch Arbeit. Geliefert werden zwei vorgefertigte, Abachi-beplankte Tragflächenhälften, ein sehr leichter GFK-Rumpf, fertig ausgeschnittene Balsabrettchen für die Leitwerke, jede Menge Kleinteile und eine ausführlich bebilderte Bauanleitung. Zusätzlich notwendig ist das Impeller-Set K-DF 55, Klebstoffe, das übliche Zubehör wie Servos, Empfänger, diverse Kabel und eigentlich unüblich: ein 1000F-Kondensator. Doch dazu später mehr.
Im Raumdock
Die Arbeiten am Rumpf sind am aufwändigsten und stellen somit die wesentlichen Arbeitsschritte dar. Mit einer Mini-Bohrmaschine sind die Höhenleitwerksschlitze sowie die Lufteinlässe zur Kühlung des Flugreglers und die Kabeldurchführungen im Bereich der Wurzelrippen auszufräsen. Die Öffnungen der Tragflächensteckung sind bereits vorhanden, nur müssen die Steckungsrohre noch eingeharzt werden. Das allerdings hört sich leichter an als getan. Hier sind einige Trockenübungen zur Positionierung notwendig, da sich die recht dünne Wandung des Rumpfes mit den leicht überstehenden Flächenröhrchen schwer zum Profilverlauf der Wurzelrippe ausrichten lässt. Mit reichlich Fünf-Minuten-Epoxy finden die Röhrchen dann dauerhaften Halt. Nach dem Aushärten ist der Überstand abzuschleifen.
Auch wenn es in der Bauanleitung wesentlich später beschrieben ist, sollte man sich frühzeitig Gedanken über die Tragflächenarretierung machen. Vorgesehen ist hier eine Madenschraube, die in ein noch zu erstellendes Holz-Gewinde im Bereich der Wurzelrippe die Tragflächen vor dem Herausrutschen auf dem Flächenstab sichern soll. Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit. Eine im Bastelbestand noch vorhandene Tragflächensicherung von Graupner erleichtert mir die Montage auf dem Fluggelände um einiges.
Äußere Hülle
In den nächsten Arbeitsschritten ist das Höhenleitwerk herzustellen. Der genauen Bauanleitung ist hier nichts hinzuzufügen. Interessant gelöst ist der profilierte Mittelsteg der Ruderfläche, deren Profil man allerdings selber schleifen muss. Dieser hat die Funktion einer Schubvektorsteuerung und unterstützt somit die Höhenruderwirkung. Die Empfehlung der Bauanleitung, das Leitwerk vor dem Einkleben mit einer leichten Bügelfolie zu bespannen, gilt aus meiner Sicht auch für die Tragflächen. So sind sie wesentlich besser gegen Feuchtigkeit und andere äußere Einflüsse geschützt. Das geringe Mehrgewicht stört nicht wirklich. Da das Seitenleitwerk einfach stumpf auf die Impellerröhre zu kleben ist, sollte man aus taktischen Gründen diese Klebung, entgegen der Anleitung, als abschließenden Arbeitsschritt vor dem Erstflug durchführen. So muss man bei weiteren Arbeiten mit dem Rumpf nicht mehr ganz so vorsichtig agieren.
Weiter geht’s mit der Montage des Impellers. Hier handelt es sich natürlich um eine Universaleinheit, die auch in anderen Modellen Verwendung finden soll. So bleibt es nicht aus, ein paar Anpassungen durchführen zu müssen. Neben dem Abfräsen zweier Befestigungslaschen ist der Einlaufring des Impellergehäuses mit einer Nut zu versehen und die Halterung am Rumpf auf den notwendigen Durchmesser anzupassen. Der Luftkanal wird aus einer Papiervorlage ausgeschnitten, zusammengerollt, mit Tesaband am Impeller selbst befestigt und zusammen dann in den Impellertunnel geschoben. Die glatte Papieroberfläche optimiert die Strömung der Luft und steigert so die Leistungsfähigkeit des gesamten Antriebs.
Im Maschinenraum
Der Arbeitsschritt 6 der Bauanleitung macht deutlich, warum man diese vor Baubeginn ruhig mal durchlesen sollte. Die ziemlich lange Zuleitung zwischen Akku und Regler erfordert einen Stützkondensator von 1000F/35Volt um Störspannungen durch Leitungsinduktivitäten zu verhindern. Die Störspannungen können zum Defekt des Reglers führen. Leider lag gerade dieser Kondensator nicht dem Baukasten oder dem Impeller bei. An dieser Stelle sei Kavan empfohlen, dieses 50-Cent-Produkt doch einfach beizulegen. Nicht jeder hat in seiner Nähe einen Shop für Elektronikbauteile.
Sind alle Lötarbeiten abgeschlossen, folgt ein Probelauf, um die Drehrichtung des Motors zu überprüfen. Holla – der 3s-LiPo-Akku sorgt für reichlich Drehzahl und einen irren Sound des kleinen Antriebs. Ein Schub wird produziert, der man der Einheit nicht zugetraut hätte. Seit diesem Probelauf ist nun jeglicher Zweifel über fehlende Antriebsleistung verschwunden. Genial. Die Einheit wird mit aller Vorsicht in den Rumpf geschoben. Hier sind schon Chirurgenhände gefordert, um zu verhindern, dass der Papierkanal keinen Schaden nimmt. Das Verkleben erfolgt mit Silikon. Dieses dämpft den Antrieb und ermöglicht eine eventuell später notwendige Demontage.
Flächenarbeiten
Die Tragflächen sind im Lieferzustand bereits rohbaufertig. Die Steckungen sind eingebaut, die Servoschächte freigelegt und die Kabelkanäle vorhanden. Lediglich das Finish, in diesem Fall also eine Folienbespannung, muss aufgebracht werden. Alle weiteren Arbeiten, wie Einkleben und Verkabelung der Servos, Ausschneiden und Befestigen der Haube, Aufkleben des Seitenleitwerks sowie Anbringen des Dekors nach eigenen Wünschen, gelingen auch wenig geübten Modellbauern problemlos. Nur die Anlenkung des Höhenruders ist über eine recht weite Strecke freilaufend. Das sorgt für etwas zu viel Spiel. Hier sollte man den Bowdenzug kurz vorm Ruder durch einen kleinen Steg am Rumpf nochmals stützen.
Der 3s-LiPo mit 2.450 Milliamperestunden Kapazität und lediglich 10 Gramm Blei reichen, um den angegebenen Schwerpunkt von 65 Millimeter ab der Flügelvorderkante einzustellen. Die Ruderausschläge werden entsprechend den mitgelieferten Angaben programmiert und sind bis heute unverändert. 1.080 Gramm bringt der Bird of Prey flugfertig auf die Waage und liegt damit gut 180 Gramm über der Hersteller-Angabe.
Energie!
Aufsehen erreicht man mit dieser Flugzeugkonstruktion auf jeden Fall. Schon Impellerantriebe sind nicht auf allen Fluglätzen selbstverständlich. Und wem das Modell nicht auf Anhieb auffällt, der richtet seinen Fokus beim ersten Hochlaufen des Motors auf die Bird of Prey. Dann mal los: Dem Pilot und seinem Starthelfer ist die Anspannung anzusehen. Mit voller Drehzahl und einem kräftigen Schub geht’s dann in die Luft. Problemlos beschleunigt der Bird of Prey und baut dabei reichlich Fahrt auf. Die Steigleistung reicht, um zügig auf Höhe zu kommen. Wirklich leiser wird das Modell dabei allerdings nicht. Absolut unkritisch sind die ersten Runden. Auch scheint der Schwerpunkt gut zu passen. Im leichten Abfangbogen, bei stehendem Antrieb, fängt sich der Segler selbständig ab. Bei reduzierter Motordrehzahl kommt es plötzlich zu ungewöhnlichen Geräuschen. „Dieses sei bei Impellern normal“ merkt ein Kollege an. Bei niedrigen Drehzahlen kommt es zu Strömungsabrissen am Flügelrad, die sich dann in der Form solcher Geräusche bemerkbar machen. Bei der ersten Landung fällt die unerwartet gute Gleitleistung des Vogels auf, sodass ein erneuter Anflug nötig wurde. Der wesentlich langsamere zweite Versuch gelang dann auf Anhieb.
Nach den positiven Erfahrungen des Erstflugs erfolgte der Start nun aus der Hand des Piloten. Auch dieser gelang problemlos. Mit ordentlicher Fahrt folgten die ersten Rollen, die wie an der Schnur gezogen kamen. Auf Anhieb ist ein Rollenkreis drin. Der Looping ist kein Problem, leider fehlt für den perfekten Kunstflug natürlich das Seitenruder. Und wie sieht es mit Thermikkreisen oder langsamem fliegen aus? Mit ausgeschaltetem Antrieb, leichtem Gegenwind und gezogenem Höhenruder steht der Bird of Prey wie ein Falke in der Luft. Natürlich muss man mit den Querrudern ständig korrigieren, aber das Flugverhalten ist schon überraschend. Aufgrund der Masse ist das Modell natürlich kein Thermik-Floater, kann jedoch in großflächigem Aufwind gut mithalten. Die Flugzeit variiert durch den Thermikeinfluss sehr, Flüge von mindestens zehn Minuten sind jedoch immer drin. Stellt man zur Landung die Querruder leicht hoch, ist eine „Bei Fuß“-Landung ein Kinderspiel – so macht’s Spaß.
Bilanz
Mit dem Bird of Prey hat Kavan ein Modell entwickelt, das wirklich Freude macht. Die Qualität der gelieferten Modellkomponenten ist hervorragend. Der Baukasten erfordert aber noch so einige Stunden im Bastelkeller. In der sehr ausführlichen Bauanleitung ist jeder notwendige Arbeitsschritt genauestens beschrieben, sodass auch ungeübte Modellbauer problemlos den Zusammenbau bewerkstelligen können. Einzelne Detaillösungen, wie die Flächenarretierung oder die Höhenruderanlenkung sollten allerdings nochmal überarbeitet werden. Richtig Freude machte das unkritische Flugverhalten und das große Geschwindigkeitsspektrum des Bird of Prey von Kavan. Hier sind die Erwartungen mehr als erfüllt.