Swatter Hase – Delta für schnelle Jäger
Etwas Schnelles aus Depron sollte es werden, so lautete der Wunsch der FlugModell-Redaktion. Wobei dies vielmehr im Sinne von „schnell zu bauen“ gemeint war. Aber die Doppeldeutigkeit des Wortes kann man ja ruhig mit ins Lastenheft aufnehmen. Nun trug es sich zeitgleich und völlig unabhängig davon zu, dass ich mich köstlich über den Namen eines Ostseeküsten-Kräuterbitters amüsierte. Damit stand zumindest einmal der Modellname fest: Swatter Hase.Da diese Herangehensweise an eine Neukonstruktion doch reichlich unkonventionell ist, darf auch die Modellauslegung gern vom Normalen abweichen. So fiel die Entscheidung auf ein Entenmodell. Und weil ein Hase ausgesprochen flink ist und Haken schlägt, sollte es ein wendiger Flitzer werden. Nach einigen Bleistiftscribbles auf Papier kristallisierte sich schließlich die fetzige, äußere Formgebung heraus. Die Skizze wurde eingescannt und aufs digitale Zeichenbrett gepinnt. Im Kopf fand nun eine Abwägung zwischen Modellgröße, Komponentengewicht und -Kosten sowie der Antriebsauslegung statt. Ändert man eine Komponente, hat dies meist konkrete Auswirkungen auf die anderen beiden. Letztendlich pendelte sich die gedankliche Waagschale bei einer Spannweite von gut 600 Millimeter ein. Hier kann man mit geringem Finanzaufwand einen heißen Antrieb einsetzen und landet bei ungefähr 200 Gramm.
Hasenbau
Im Aufbau wurde der Swatte Hase so einfach wie möglich gehalten, aber mit dem gewissen Ehrgeiz, interessante Detaillösungen zu integrieren. Da ist beispielsweise eine simple, aber spielfreie Anlenkung der Canards zu nennen oder die abnehmbare Tragfläche. Als Garant für einen raschen Bau hält nicht nur der eckige Kastenrumpf aus 6-Millimeter-Depron mit seinen gerundeten Kanten her, sondern insbesondere das Tragflächenprofil.
Das Prinzip geht auf die zwei Herren Richard Kline und Floyd Fogleman zurück und wird im Modellflug eher selten eingesetzt. Es basiert vereinfacht gesagt darauf, dass die Tragfläche ähnlich wie bei einer Schwimmerkufe eine Stufe besitzt, an deren Kante die Luftströmung einen Wirbel bildet. Nach diversen Modellkonstruktionen mit diesem Flügelprofil kann ich aus der Praxis heraus behaupten, dass es besonders bei kleineren Depron-Bauten eine faszinierende Verschmelzung von unkritischen Flugeigenschaften, geringem Bauaufwand und hoher Festigkeit garantiert.
Womit wir schon beim Stichwort wären. Die Auflistung der wichtigsten Bauschritte fällt angenehm kurz aus und ist im Downloadplan noch einmal im Volltext sowie anhand von vielen informativen Bauteilbeschriftungen und Tipps enthalten. Darüber hinaus sprechen die nebenstehenden Baustufenfotos recht eindeutige Worte. Kurz gesagt: man baut den Rumpf, baut den Flügel, trennt einen Teil des Rumpfs heraus und fügt den Flügel dort ein. Dadurch bleibt Letzterer abnehmbar und wird per Nylonschraube und Holzdübel ganz klassisch befestigt.
Flotter Hase
Der Brushlessmotor stammt von vs-modelltechnik.de und hört auf den einprägsamen Namen „Speed Elfi“. Dieser hochwertige, 15 Gramm wiegende Antrieb stellt einen hervorragenden Kompromiss aus niedrigem Gewicht und hoher Drehzahl dar, was echt fetzige Flugeigenschaften verspricht. Mit einer 4 × 4-GWS-Luftschraube stellt sich ein Standstrom bei Vollgas von etwa 12 Ampere ein, worauf die 2s-LiPos sowie der Regler durchaus gefasst sein müssen. Mehr Dampf, aber auch mehr Strombedarf verspricht eine 4,1 × 4,1-Zoll-APC-Luftschraube.
Wer einen anderen Motor einsetzen möchte, sollte einerseits eine möglichst hohe spezifische Drehzahl favorisieren – so ab 3.000 bis 4.500 Umdrehungen pro Minute pro Volt wirds interessant. Andererseits sollte man bedenken, dass der Hebelarm vom Schwerpunkt zum Motor zweimal so lang ist wie derjenige nach vorn zum Akku. 5 Gramm mehr Motorgewicht müssen also mit 10 Gramm mehr Akkugewicht kompensiert werden, was dann schon ein Zwangs-Mehrgewicht von 15 Gramm bedeuten würde. Oder man packt den Akku ganz nach vorn in die Schnauze, aber dort kommt man zum Wechsel nicht mehr so gut ran. Fest steht, dass das Modell mit dem 15-Gramm-Außenläufer und einem 2s-LiPo mit 800 Milliamperestunden Kapazität einwandfrei austariert ist.
Von der Festigkeit her spricht nichts gegen eine noch kräftigere und damit deutlich schwerere Antriebsauslegung. Nur dann wird’s mit der Wendigkeit nicht mehr so spektakulär. Leichtfüßigkeit gibt’s nicht mit Bleipantoffeln.
Hasenzauber
Zurück zum Bau. Bei den Canards, also den kleinen vorderen Entenflügeln, wurde tief in die Trickkiste gegriffen. Jeder dieser Flügel wird aus zwei Hälften 3-Millimeter-Depron zusammengefügt und zwar nachdem man auf ihnen mit dem Skalpell zwei deckungsgleiche, V-förmige Oberflächeneinschnitte vorgenommen hat. Wenn man die beiden Halb-Teile zusammensetzt, hat man in der Mitte zwei völlig geradlinig verlaufende Kanäle, welche nun die beiden 2-Millimeter-CFK-Verbindungsstäbe aufnehmen; Baufehler nahezu ausgeschlossen, Baugruppe präzise gelungen. Der vordere Stab bildet die Drehachse.
Am hinteren Verbinder greift im Rumpfinneren das Anlenkungsgestänge an.
Jetzt kommt wieder Trick 17: In das 0,8-Millimeter-Stahldrahtgestänge biegt man mit der Rundzange eine kleine, kreisrunde Öse. Darüber stecken wir ein Stück Schrumpfschlauch und schrumpfen es an. Durch den Schlauch wiederum steckt man den hinteren CFK-Stab, nachdem man dort mit einem angespitzten 2-Millimeter-Stückchen vorgepiekt hat. Das ist genauso simpel wie spielfrei. Zum Schluss erhalten die Canards noch einen aerodynamischen, vollsymmetrischen Schliff: vorn verrunden, hinten spitz auslaufen lassen.
Anti-Hoppel-Mittel
Nach dem kompletten Verschleifen des gesamten Rumpfs und des Styrodur-Nasenklotzes wird die Kabinenhaube mit dem Skalpell herausgeschnitten. Mit kleinen 3-Millimeter-Neodym-Magneten, erhältlich zum Beispiel bei www.magnet-shop.net, lässt sich eine abnehmbare Klickfix-Arretierung realisieren. Darunter hat der Akku ausreichend viel Raum, um es sich gemütlich zu machen und gleichzeitig den Schwerpunkt ohne Bleiballast einzustellen. Der Akku sollte mit Klettband oder Gummiringen sorgfältig am Rumpfboden fixiert werden, denn das Modell hält in der Luft allerlei Unfug auch an Negativ-G-Kräften aus – da würde der LiPo auch schon mal mit dem Kopf durch die Kabinenhaubenwand, wenn er denn dürfte.
Hasenhatz
Das stellt jetzt eine sehr gute Überleitung zu den Flugeigenschaften dar und hier wird’s natürlich besonders spannend. Oder eben nicht. Je nach Blickwinkel. Denn das Modell fliegt vollkommen unkritisch. Ein Strömungsabriss ist fast nicht zu provozieren und der Geschwindigkeitsbereich ist groß – ob hallentaugliches Igeltempo oder Hasenhatz. Dabei reagiert der Swatte Hase erfreulich weich auf die Querruderfunktion. Das Ding macht einfach nur Spaß und lässt sich präzise dirigieren. Eine Spezialität des Hasen an sich ist Hakenschlagen. Im vollen Galopp einmal kurz die Ruder geruckt, schon geht’s ums Eck. Klasse.
Übrigens: Senderseitig benötigt man eine Delta-Mix-Funktion, damit die Querruder gleichzeitig als Höhenruder arbeiten. Die Canards werden über einen freien Mischer zur Höhenruderfunktion hinzugefügt und zwar so, dass beim Ziehen die Canard-Hinterkante nach unten bewegt wird, also mehr Auftrieb erzeugt. Dadurch wird die Nase angehoben. Und umgekehrt, versteht sich. Die genauen Ausschläge, Ruder-Neutralstellungen und der Schwerpunktbereich sind im Downloadplan angegeben. Davon ausgehend kann man ruhigen Gewissens mit Halbgas und einem sanften Schubs den Erstflug angehen. Die korrekte Schwerpunktlage ist dann gegeben, wenn der Hase im antriebslosen Sturzflug nur ganz sanft abfängt. Vorausgesetzt er war in Neutralfluglage auf sauberen Horizontalflug getrimmt. Motorsturz und Seitenzug werden auf null Grad eingemessen.
Statt Hasenpuschel
Im Downloadplan ist auch die original schwarze Lackiervorlage mit den lustigen Hasenzähnen wiedergegeben. Mein Prototyp ist mit Leinwand-Acrylfarbe auf Wasserbasis beidseitig identisch lackiert worden, was bei ruppigen Flugmanövern schon mal Schweißperlen entlockt. Zu empfehlen wäre da wohl eher ein optisches Kontrastprogramm. Auf der Unterseite zum Beispiel knalliges Rot oder zumindest Weiß. Eins steht jedenfalls fest: Selten gab’s mit so wenig Bauaufwand so viel Flugspaß.