Akro-Junior von Höllein

Akro-Junior von Höllein

Es ist nicht allzu lange her, als man sich bereits im Oktober beim Abfliegen Gedanken darüber machen musste, welches Modell man über den Winter baut – selbst Bausätze brauchten vier bis fünf Monate, bis ein flugfähiges Gerät auf dem Platz stand. Der Akro-Junior vom Himmlischen Höllein hätte, als Kunstflugtrainer im Retro-Style, so ein Modell sein können. Glück für FlugModell-Autor Hinrik Schulte: Er war deutlich schneller fertig.

Ein erfahrener Maurermeister gab mir während eines Umbaus den Satz „Der Bau weist den Weg“ mit auf den Weg – und hat damit gemeint, dass solch ein Projekt einfach nicht komplett durchgeplant werden kann. Recht hatte er damals und an diese Worte musste ich während des Baus des Akro-Juniors oft denken.

Spurensuche
Sämtliche Holzteile des Bausatzes sind präzise und passgenau mit dem Laser ausgeschnitten und müssen nur noch vorsichtig aus den Brettchen herausgebrochen werden. Eigentlich sollte die Bauanleitung auf 18 Seiten mit etwa 160 Abbildungen ganz klar sein, aber da nur die Rippen mit Buchstaben beschriftet sind und die anderen Teile einfach irgendwo in den Brettchen stecken, ist doch hin und wieder Rätseln und Suchen angesagt. Grundsätzlich gilt: Wenn es nicht passt, gehört es auch nicht dahin. Und häufig erschließt sich ein Bauschritt wirklich erst nach etwas Überlegen, wenn der vorherige abgeschlossen ist. Für einen routinierten Modellbauer eher eine Herausforderung als ein Problem, aber als Erstlingswerk eignet sich dieses Projekt definitiv nicht.

Grundsätzlich ist der Akro-Junior sehr stabil gebaut. Zum Beispiel besteht das Rumpfvorderteil komplett aus Sperrholz und ist dafür mit gut 130 g im Rohbau auch entsprechend schwer. Das separat aus 1,5-mm-Balsa aufzubauende Heck ist dagegen sehr filigran. Man muss ziemlich aufpassen, dass es auch verzugsfrei vom Baubrett kommt. Die Leitwerke aus 5-mm-Balsateilen dagegen sind normal dimensioniert.

Die Tragfläche, weitgehend aus Sperrholz gebaut, ist wieder über jeden Zweifel erhaben. Das vollsymmetrische Profil mit einer relativen Dicke von 15 % verspricht gute Rückenflugeigenschaften, aber Geschwindigkeitsweltrekorde sind damit nicht zu erwarten. Also genau richtig. Der Flügel besteht aus einem Mittelteil in Rumpfbreite und zwei Außenflächen. Die Verbindung erfolgt über ein kurzes 8-mm-CFK-Rohr und zwei Zentrierdübel. Da die Flügelteile zu einer Einheit verklebt werden, gibt es keine Festigkeitsprobleme. Am Ende des Rohbaus, der übrigens weitgehend mit Weißleim geklebt wurde, wie es die Anleitung auch empfiehlt, zeigt die Waage 550 g an. Da fragt man sich schon, wie das in der Bauanleitung genannte Abfluggewicht von 750 g erreicht werden soll, denn es fehlen ja noch der Antrieb und die gesamte RC-Anlage.

Sämtliche Holzteile sind sauber gelasert, allerdings sind die wenigsten Teile beschriftet, was die Zuordnung in den Baustufen schwieriger macht

Ausstattung
Hier empfiehlt Höllein einen Roxy-3530-10-Außenläufer mit 75 g und einer spezifischen Drehzahl von 1.300 U/min/V, einen 30-A-Actrocon-Regler von aeronaut und einen 3s-LiPo-Akku mit einer Kapazität von 2.200 mAh mit 20 C. Dazu kommen dann noch vier 9-g-Servos und ein Empfänger mit mindestens vier, besser sechs Kanälen.

Der Motor passt (natürlich) perfekt in den Motorspant, aber es wäre eine enorme Friemelei, ihn in das fertige Modell einzubauen. Deshalb hat das Testmodell auf der Rumpfunterseite noch eine kleine Wartungsklappe bekommen. Die Rumpfservos sind unter dem Cockpit gut erreichbar und für die Flächenservos hat sich der Konstrukteur sogar etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Sie sitzen jeweils in einem recht aufwändigen Halter, der mit nur einer Schraube ausgebaut werden kann. Gut gedacht, auch gut gemacht, aber eigentlich zu viel Aufwand für eine Wartungserleichterung, die man hoffentlich nie braucht.

Neuer Plan
Beim Finish hat mir der Akro-Junior dann noch ein letztes Mal gezeigt, dass man flexibel sein muss. Geplant war, das ganze Modell in beigefarbene Strukturfolie zu hüllen, um den Retro-Charakter des Modells zu betonen. Bei den Flächen ist das auch ganz einfach, aber beim Rumpf ist es mir nicht gelungen, die Verzapfungen der Spanten durch Leichtspachtel in Holzfarbe so unsichtbar zu machen, dass sie nicht durch die Folie sichtbar sind. So war das für mich nicht akzeptabel und den Rumpf unter der Folie weiß zu lackieren, erschien mir auch keine Option. Also wurde der Rumpf, abweichend von der ursprünglichen Idee, farbig bespannt.

Ab auf die Waage
Die Programmierung der Ruderausschläge ist ein Kinderspiel und auch der Schwerpunkt lässt sich gut einstellen, besonders weil das Akkufach quasi im Schwerpunkt liegt. Mit dem flugfertigen Modell geht es vor dem Erstflug noch einmal zur Waage. Hoppla, mit 985 bis 1.050 g – je nach Akku – liegt das Testmodell ca. 230-300 g über dem vorgegebenen Startgewicht von 750 g, das auf der Packung angegeben ist. Auf der Website von Höllein steht (mittlerweile) ein angepasstes Fluggewicht von 980 g, das passt schon deutlich besser.

Damit kommen wir auf eine Flächenbelastung von 47-50 g/dm². Die Gewichtsspanne kommt durch die Akkus zustande. Der höhere Wert ist dem 3s-Akku mit einer Kapazität von 2.200 mAh zu verdanken, leichter wird es definitiv mit einem 3s-1.250-mAh-Li-Po, mit dem der Schwerpunkt allerdings knapp hinter Bauplanangabe liegt.

Die Programmierung des Senders und der Reichweitentest schließen die Bauphase ab und es geht auf den Flugplatz zur Stunde der Wahrheit, denn der Bau des Modells ist ja eigentlich nur das Vorspiel.

Nur wenige Kleinteile sind zusätzlich zu den Holzteilen notwendig

Ab in die Luft
Der Akro-Junior ist super schnell montiert. Einen Stecker anstecken und zwei Schrauben anziehen, schon ist er startklar. Wobei … eigentlich hätte er auch aufgebaut ins Auto gepasst. Trotzdem finde ich es immer gut, wenn es vor dem Start keine Fummelei gibt. Der Wind steht etwas schräg auf der Piste und ist nicht gerade schwach, aber das Modell muss heute in die Luft, denn immerhin scheint die Sonne und ein Fotograf ist auch extra angereist. Also, ran ans Gas und schon beschleunigt das Modell zügig, will nach links ausbrechen, ist aber ist nach wenigen Metern in der Luft. Mit 300 W Eingangsleistung steigt das Modell fast senkrecht in den Himmel und ist ordentlich schnell, wie bei der Flächenbelastung zu erwarten war.

Aufgrund seines Gewichts ist es so richtig schön dynamisch unterwegs. Das ist kein Kunstflug mit einem Parkflyer oder einem superleichten Funflyer, sondern Kunstflug, bei dem man immer noch ein bisschen auf die Geschwindigkeit achten muss. Schon wieder etwas Retro. „Fahrt ist das halbe Leben“, diesen Grundsatz sollte man immer im Hinterkopf haben. Schon beim Start, beim Figurenfliegen und erst recht bei der Landung. Mit dem 1.250er-Akku sollte man nach gut sechs Minuten daran denken, mit einem 2.200er-Akku hat man gut fünf Minuten mehr Flugzeit. Gerade im ersten Teil der Landekurve, noch mit Rückenwind, sollte man nicht zu langsam werden. Aber keine Sorge, der Akro-Junior zeigt deutlich an, wenn es ihm zu langsam wird, denn es wird etwas wackelig um die Längsachse.

Nichts für Anfänger
Rollen, Loopings und die meisten anderen Figuren sind einfach nur eine Frage der gewählten Ruderausschläge. Lässt man es krachen, dreht das Modell zügig um alle Achsen, begrenzt man die Ausschläge etwas, ist der Akro-Junior beinahe lammfromm zu fliegen. „Auf dem Rücken musst Du drücken“ – der Grundsatz bleibt, aber er lässt sich durch Verschieben des Akkus so trimmen, dass nur minimaler Tiefenrudereinsatz nötig wird. Aber Achtung: Fahrt ist nicht nur das halbe Leben bei diesem Modell. Daher würde ich es auch nicht als echten Anfängerflieger empfehlen. Aber die Bauphase hat ja bereits dafür gesorgt, dass der Akro-Junior nicht in die Hände eines Modellflugeinsteigers kommt.

Das kleine Flügelmittelstück ist extrem massiv gebaut. Da es alle Kräfte aufnimmt, ist das auch gut so

Allerdings hat der Retro-Flieger auch im Looping eine deutliche Tendenz zum seitlichen Abdriften, die man von anderen Modellen kaum kennt. Erst nach einigen Flügen ist mir klar geworden, woran es liegt. Der Motor hat zu wenig, eigentlich sogar keinen Seitenzug. Mit drei Unterlegschrauben ist dieser Makel schnell behoben. Optisch ist es nicht sehr schön, wenn der Propeller nun „schief“ vor dem Rumpf läuft, aber fliegerisch ist der Unterschied überdeutlich. Im Looping zieht das Modell nun vollkommen gerade und sogar die Ausbruchstendenz beim Start ist verschwunden. Kleine Ursache, große Wirkung, allerdings hätte das der Konstrukteur des Modells schon von vornherein berücksichtigen können.


Mein Fazit
Der routinierte Modellbauer und Pilot freut sich über den interessanten Bausatz eines kleinen und handlichen Modells, das beim Bau eine Menge Spaß macht, wenn man sich darauf einlassen kann. Im Flug hat das Modell eine Menge Potenzial, sodass es nie langweilig wird. Ein echter Vorteil des relativ hohen Gewichts ist die Unempfindlichkeit gegenüber Wind. Mit etwas Massenträgheit und höherer Grundgeschwindigkeit geht es auch bei böigem Wetter kontrolliert zur Sache. Und das ist manchmal mehr wert als geringes Gewicht. Zudem verzeiht das Modell durch die robuste Bauweise auch einmal einen etwas handfesteren Umgang.

Hinrik Schulte


Technische Daten
Akro-Junior vom Himmlischen Höllein
Preis: 99,90 Euro
Bezug: Direkt
Internet: www.hoelleinshop.com
Spannweite: 1.040 mm
Länge: 790 mm
Flächeninhalt: 21 dm²
Fluggewicht: 985-1.050 g,
je nach Akku
Flächenbelastung: 47-50 g/dm²
Flugakku: 3s-LiPo,
1.250-2.200 mAh
Motor: Roxy C35-10
Regler: 30-A-actrocon,
aero-naut
Propeller: 8 x 6, APC